Über die Dynamik des Wortschatzes und den Gegenstand der Untersuchung

Jede Sprachgemeinschaft ist in ihrer Geschichte von Umwälzungen geprägt, welche zu jeder Zeit einen sich ändernden Anspruch an Alltagssprache mit sich bringen oder gar neue Fachsprachen notwendig machen. So bringen politische Revolutionen aller Art neue Wörter hervor, um das angestrebte System zu artikulieren. Andere Beispiele sind technische Neuerungen, wie sie zur Zeit der Industrialisierung oder der gegenwärtigen digitalen Revolution zu beobachten sind. In all diesen Fällen besteht die Notwendigkeit neuer Begriffe, da zuvor nicht dagewesene Phänomene bezeichnet werden müssen. Sprache ist folglich nicht nur „Spiegel einer Nation“, wie Friedrich Schiller sagte, sondern ebenso Spiegel der gesamten gesellschaftlichen Umstände einer Epoche. So herrscht im Sprachgebrauch eine Dynamik, in der der Wortschatz ständig im Wandel ist und sich erweitert. Zu diesem Zweck werden unter anderem neue Wörter anhand bereits bestehender Muster gebildet, wofür in der französischen Sprache verschiedene Wortbildungsverfahren bereitstehen.

Der vorliegende Artikel beschäftigt sich mit Suffigierung, einem Verfahren der Derivation. Hierbei stehen die Suffixe –aison und –tion im Vordergrund, mit deren Hilfe Nomina abgeleitet werden. Ziel der Arbeit ist es zu untersuchen, inwieweit im Französischen von diesen beiden Nominalsuffixen Gebrauch gemacht wird. Um eine Aussage über die Entwicklung ihrer Produktivität treffen zu können, werden die Derivate diachron betrachtet. Dies geschieht mit Hilfe einer korpuslinguistischen Untersuchung, in welcher die Derivate auf –aison, –tion und deren Varianten aus den Texten des Korpus Frantext, die aus dem 12. bis 21. Jahrhundert stammen, extrahiert werden. Auf Basis der Auswertung der Suchergebnisse wird in einer quantitativen Analyse der Verlauf der Produktivität beider Suffixe über die Zeit hinweg analysiert und anschließend miteinander verglichen.

Zuletzt sollen die semantischen Bereiche, in denen –aison und –tion produktiv sind, betrachtet werden, sodass abschließend auf dieser Basis eine Vermutung darüber angestellt werden kann, aus welchen Gründen die beiden Nominalsuffixe in diachroner Sicht stets nebeneinander existieren. Die jeweiligen Interpretationen werden allerdings auf den Bereich der französischen Distanzsprache bzw. der fingierten Mündlichkeit eingeschränkt, da es sich bei dem ausgewerteten Korpus Frantext um ein überwiegend literarisches Korpus handelt.

Korpuslinguistische Untersuchung der Nominalsuffixe –aison und –tion

Das Korpus Frantext

Frantext ist ein Textkorpus, das in den 1970er Jahren erstellt worden ist und zunächst rund 1000 Werke umfasst hat.[1] Seit 1998 ist es im Internet zu finden, wobei für die Nutzung der Vollversion eine Zugangsberechtigung erforderlich ist. Es besteht aktuell (Stand 2017) aus über 5000 Titeln mit insgesamt mehr als 297 Millionen Wörtern. Die Texte stammen aus dem 10. bis 21. Jahrhundert[2], wobei das Korpus insgesamt deutlich mehr Werke aus neuerer Zeit beinhaltet als aus dem Alt- und Mittelfranzösischen[3].

Da die Werke nach verschiedenen Kriterien wie Entstehungsjahr, Genre oder Autor in Arbeitskorpora unterteilt werden können, ist Frantext sowohl zu diachronen als auch zu synchronen korpuslinguistischen Untersuchungen der französischen Sprache geeignet.

Allerdings ist zu beachten, dass es sich um ein literarisches Korpus handelt, das vordergründig aus „textes littéraires et philosophiques, mais aussi scientifiques et techniques (environ 10%)“ (Frantext) besteht. Zwar sind auch andere Arten von Texten aus zahlreichen Themengebieten vertreten, beispielsweise „de la presse, des ouvrages scientifiques, des livres de cuisine, des traités de cynégétique, des manuels, des romans policiers, etc…“ (ebd.). Es handelt sich in den zu untersuchenden Texten jedoch hauptsächlich um französische Distanzsprache[4]. Deshalb können Aussagen, die anhand von Auswertungen der Texte des Korpus Frantext getroffen werden, auch nur für diese Art des Sprachgebrauchs interpretiert werden und dürfen nicht ohne weiteres auf andere Bereiche der französischen Sprache übertragen werden.

Um zu bestimmten Suchergebnissen, die daraufhin ausgewertet werden sollen, zu gelangen, kann beispielsweise nach lemmatisierten Wörtern sowie nach bestimmten Wortarten gesucht werden oder es werden mehrere Wörter, die nach dem gleichen Muster gebildet sind, mithilfe sogenannter regulärer Ausdrücke aus den Texten herausgefiltert.

 

Methodik und Kriterien der Untersuchung

Zur diachronen Untersuchung der Nominalsuffixe –aison und –tion sowie deren Varianten wurde das Korpus Frantext in sieben Arbeitskorpora unterteilt, sodass jedes die Werke einer bestimmten Zeitspanne beinhaltet. Die ersten drei Teilkorpora wurden gemäß den von Frantext vorgeschlagen Epochen gebildet: Altfranzösische Texte bis 1329[5], Texte des Mittelalters von 1330 bis 1500 und Texte der Renaissance von 1501 bis 1600. Die weiteren Korpora bestehen jeweils aus den Werken des 17., 18. sowie 19. Jahrhunderts und das letzte enthält die Texte von 1901 bis 2013[6].

Der Umfang der so entstandenen Teilkorpora soll sich nur aus der Anzahl tatsächlicher Wörter ergeben, damit Berechnungen auf Basis der Korpusgrößen, z.B. die der relativen Häufigkeit bestimmter Types oder Tokens, mit repräsentativen Zahlen durchgeführt werden. Da in Frantext jedoch neben Wörtern im eigentlichen Sinn auch sämtliche Interpunktionszeichen, Bindestriche sowie Folgen mehrerer Punkte zur Anzahl der Wörter hinzugezählt werden und diese Einheiten ca. 15% der Korpusgröße ausmachen, mussten diese aus dem jeweiligen Arbeitskorpus eliminiert werden. Aufgrund der Tatsache, dass aus früheren Jahrhunderten weniger Texte vorhanden sind als aus späteren, ergibt sich eine ungleiche Größe der Arbeitskorpora (vgl. Abbildung 1). Dies wird bei Berechnungen zur Produktivität insofern berücksichtigt, als nicht absolute, sondern relative Werte miteinander verglichen werden.

Zunächst wurde jedes der sieben Arbeitskorpora mittels zweier regulärer Ausdrücke auf Wörter, die mit einem der gesuchten Suffixe enden, durchsucht. Hierdurch erhielt man pro Teilkorpus zwei Listen mit allen gewünschten Derivaten. In diesen ist außerdem notiert, wie oft jedes Wort auftritt und wie viele verschiedene Wörter (Types) sowie Wörter insgesamt (Tokens) gefunden wurden.

An dieser Stelle trat jedoch ein erstes Problem auf, da nicht alle gefundenen Wörter Derivate auf –aison bzw. –tion darstellten. Je nach untersuchtem Teilkorpus gab es oft sehr viele unpassende Suchergebnisse[7], von denen manche außerdem in großer Zahl auftraten, sodass die Berechnungen zur Produktivität deutlich verfälscht worden wären. Daher wurden unpassende Wörter manuell eliminiert und Berechnungen sowie die weitere Analyse erfolgten anhand der modifizierten Listen. Am schwierigsten war hierbei die Unterscheidung zwischen französischen Derivaten und lateinischen Erbwörtern, von denen viele bereits im Latein Derivate dargestellt haben. Ich habe mich für eine Trennung entschieden, in der alle Wörter, die eine französische Ableitungsbasis besitzen, als Derivate eingestuft werden, wobei neben den möglichen Basen des modernen Französischen auch die des Alt- und Mittelfranzösischen, die heute nicht mehr gebräuchlich sind, berücksichtigt werden. Als Erbwörter hingegen werden nur die Bildungen angesehen, für die zu keiner Zeit eine potenzielle Basis im Französischen existierte. Da die Unterscheidung zwischen französischem Derivat und Erbwort etymologische Kenntnisse erfordert, wurden im Verlauf der Untersuchung je nach Epoche das Dictionnaire de l’Ancienne Langue Française et de tous ses Dialectes du IXe au XVe Siècle (DALF) von Godefroy, das Dictionnaire Étymologique de l’Ancien Français (DEAF), das Dictionnaire du Moyen Français (DMF), das Dictionnaire de la Langue Française du 16e Siècle (DLF) von Huguet, der lexikographische und etymologische Bereich des Centre National de Ressources Textuelles et Lexicales (CNRTL), der Grand Robert de la Langue Française (Grand Robert) sowie die etymologischen Wörterbücher von Machat (1818), Scheler (1865) und Körting (1908) zu Rate gezogen.

Ein weiteres Problem, das vor der Auswertung der Ergebnisse behoben werden musste, bestand darin, dass viele Bildungen in mehreren Schreibweisen auftraten. Diese wurden zu einem Derivat zusammengefasst, um die Anzahl verschiedener Ableitungen in jedem Teilkorpus korrekt erfassen zu können.

Die 14 neu entstandenen Listen mit französischen Derivaten dienten nun der diachronen quantitativen Analyse der Produktivität der beiden Suffixe[8] in Kapitel 2.3. So wurden die Inhalte der Listen miteinander verglichen, um herauszufinden, wie sich die Präsenz der Derivate im Sprachgebrauch über die Zeit hinweg verändert hatte. Zu diesem Zweck wurde berechnet, welchen Anteil eines Teilkorpus die jeweiligen Derivate ausmachen und wie sich die Zahl diachron gesehen verändert. Diese Größe wurde für Types, Tokens und Neubildungen berechnet[9], denn für das Maß an Produktivität wurden im folgenden Kapitel sowohl die Menge der bestehenden Types als auch die der Neubildungen pro Zeitabschnitt berücksichtigt[10]. Anhand der relativen Anzahl der Tokens auf –aison bzw. –tion pro Korpus soll eine Aussage über die Häufigkeit der Verwendung der Derivate und somit über ihre Integration im Sprachgebrauch getroffen werden. Diese muss in ihrer Aussagekraft allerdings leicht eingeschränkt werden, da zum einen nur Derivate im Singular aus Frantext extrahiert wurden, was zur Folge hat, dass die entsprechenden Pluralformen in der quantitativen Analyse nicht berücksichtigt werden konnten. Zum anderen wurden präfigierte Derivate nicht in die Berechnungen aufgenommen, da diese nicht durch Suffigierung mittels –aison oder –tion entstanden sind, wodurch eine Verzerrung der relativen Anzahlen der Types entstanden wäre.

Die Ergebnisse konnten effizient mit Hilfe zweier Programme in der Sprache Python ermittelt werden. Eines von ihnen errechnet die Anzahl der Types und Tokens pro Epoche sowohl absolut als auch relativ für eine genormte Korpusgröße von 10 Millionen Wörtern. Das andere untersucht die Listen auf bestehen gebliebene, verschwundene und neu gebildete Ableitungen. Hierzu vergleicht es die Elemente je zweier Listen aus aufeinanderfolgenden Zeiträumen miteinander und ermittelt ihre Schnittmenge sowie die Wörter, die in genau einer der Mengen vorkommen. Die Elemente, die nur im neueren Teilkorpus vorkommen, stellen die jeweiligen Neubildungen dar. Allerdings ist hierbei darauf zu achten, dass Derivate, für die im vorhergehenden Jahrhundert eine andere Schreibweise üblich war, in der alten Schreibweise in der Liste der verschwundenen Wörter auftauchen und in der neuen Schreibweise in der Liste der Neubildungen. Deshalb wurden diese beiden Mengen nochmals manuell gegenübergestellt, um bereits bestehende Derivate in neuer Schreibweise aus der Liste der Neubildungen zu entfernen.

Damit alle ermittelten Zahlen diachron vergleichbar sind, mussten diese für jeden Zeitraum im Verhältnis zur Größe des Teilkorpus betrachtet werden, denn bestimmt existieren abhängig davon mehr oder weniger Neubildungen, die nicht im Korpus vorkommen. Daher wurde jedes Teilkorpus für die Berechnungen auf einen Umfang von 10 Millionen Wörtern genormt, auf den sich die in Kapitel 2.3 angegebenen Zahlen beziehen. Alle errechneten Zahlen sind hierbei für die Ebenen der französischen Distanzsprache und fingierten Mündlichkeit zu interpretieren, da diese in den Werken des Korpus Frantext hauptsächlich repräsentiert sind.

Die diachrone Analyse beider Wortbildungsregeln soll im folgenden Kapitel eine Aussage darüber ermöglichen, welches der untersuchten Suffixe das produktivere in der französischen Sprache ist und ob dies über die Zeit hinweg gleich bleibt oder ob eines stark an Produktivität abnimmt, während das andere zunimmt. Außerdem werden auch die Ergebnisse anderer Linguisten, die sich mit einem der Suffixe beschäftigt haben, berücksichtigt und kommentiert.

 

Produktivität der Suffixe –aison und –tion aus diachroner Sicht (12. bis 21. Jh.)

Anzahl der Types

Bei der Betrachtung der Listen mit den wie beschrieben extrahierten Derivaten fällt zunächst auf, dass es sich bei den Ableitungen auf –aison um eine wesentlich übersichtlichere Menge als bei den Derivaten auf –tion handelt. Während sich die Zahl der Types auf –aison in den Teilkorpora mit genormter Größe von 10 Millionen Wörtern zwischen 6 und 174 bewegt, sind je nach Zeitabschnitt 199 bis 1318 Derivate auf –tion zu verzeichnen (vgl. Abbildung 2).

 

Verhältnis von Types auf –tion zu Types auf –aison

Jedoch ist das Verhältnis der Menge an Types auf –tion zu der an Types auf -aison über die Zeit hinweg nicht konstant. Vielmehr wird ersichtlich, dass die Nomina auf –tion im Lauf der Zeit immer stärker dominieren (vgl. Abbildung 10). Im Korpus der Werke vor 1330 befinden sich knapp 6-mal so viele Bildungen nach letzterer Regel als auf –aison. Im darauffolgenden sind es schon gut 15-mal so viele und im 16. Jahrhundert 24-mal mehr. Das Verhältnis steigt in den nächsten Jahrhunderten weiter an und die größte Differenz bezüglich Produktivität besteht schließlich im 20.-21. Jahrhundert mit gut 33-mal so vielen Bildungen auf –tion wie auf –aison.

 

Verhältnis von Tokens auf –tion zu Tokens auf –aison

Aus den Anzahlen an Types folgt, dass auch die Mengen an Tokens, die auf eines der Suffixe enden, in einem ähnlichen Verhältnis zueinander stehen. Das bedeutet, Wörter auf –tion treten in den Texten insgesamt weitaus häufiger auf als solche auf –aison (vgl. Abbildung 11). So liegt die Zahl der Vorkommen von Wörtern auf –aison in den verschiedenen Teilkorpora zwischen 1563 und 2334, während 7349 bis 86234 von 10 Millionen Wörtern Bildungen auf –tion darstellen. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass bei der Auswertung der Menge an Tokens nur Derivate im Singular berücksichtigt worden sind. Somit scheint es lediglich sinnvoll, diese Zahlen im Verhältnis zu einander und nicht die absoluten Anzahlen zu interpretieren. Aus dieser Sicht wird deutlich, dass sich auch jenes Verhältnis mit der Zeit erheblich ändert. Denn die Anzahl der Tokens auf –aison schwankt im gesamten Verlauf nur um gut 770 und ist somit weitaus konstanter als die der Tokens auf –tion, die eine Spanne von fast 78900 aufweist. So steigt das Verhältnis konstant von 3-mal mehr Tokens auf –tion als auf –aison im Altfranzösischen auf rund 20-mal so viele in den drei nachfolgenden Teilkorpora. Ab dem 20. Jahrhundert ist die 53-fache Menge an Derivaten auf –tion verglichen mit denjenigen auf –aison zu verzeichnen.

 

Verhältnis von Neubildungen auf –tion zu Neubildungen auf –aison

Schließlich macht auch die Zahl der Neubildungen deutlich, wie groß die Produktivitätsunterschiede zwischen den beiden Suffixen sind (vgl. Abbildung 12). So werden pro analysierter Zeitspanne rund 2 bis 38 neue Wörter auf –aison abgeleitet, wohingegen die Derivation mittels –tion in jedem Teilkorpus genormter Größe mindestens 81 und bis zu 833 neue Nomina hervorbringt. Das Verhältnis der Anzahl an Neubildungen zueinander liegt von 1330 bis 1700 relativ konstant bei rund 22-mal so vielen neuen Derivaten auf –tion wie auf –aison. Im 18. Jahrhundert steigt es rasant auf fast 49-mal so viele und pendelt sich in den letzten beiden Korpora auf Werte um das 40-fache an Neubildungen nach der produktiveren Regel ein.

 

Zwischenfazit: –tion als produktiveres Suffix

Somit kann festgehalten werden, dass sowohl in Bezug auf Types als auch auf Tokens und Neubildungen die Ableitung von Nomina anhand des Suffixes –tion zu jedem Zeitpunkt der französischen Sprachgeschichte des 12. Jahrhunderts bis heute die weitaus produktivere der beiden betrachteten Wortbildungsregeln ist. Dies gilt trotz der Tatsache, dass die Verhältnisse der Produktivität beider Suffixe schwanken, sodass ihre Differenz nicht in jedem Zeitraum gleich groß ist.

Ein weiterer interessanter Aspekt besteht darin, den Verlauf der Produktivität jedes der beiden Suffixe direkt gegenüber zu stellen.

Produktivitätsverlauf anhand der Types auf –aison und –tion

Betrachtet man die Produktivität anhand der Entwicklung der Types[11], fällt zunächst auf, dass diese bei den beiden Suffixen nicht denselben Verlauf aufweist, sondern dass vielmehr die Höhepunkte ihrer Produktivität in verschiedenen Epochen liegen. Hinsichtlich der Entwicklung können sowohl bei –aison als auch bei -tion zwei größere Zeiträume unterschieden werden, nämlich einerseits Bildungen bis 1600 und andererseits diejenigen vom 17. bis zum 21. Jahrhundert[12].

Das Suffix –aison erlebt seine produktivste Phase eindeutig in der Zeit vor 1330, während in späteren Jahrhunderten ein kontinuierlicher Abfall zu beobachten ist. Im 17. Jahrhundert hat das Suffix noch einmal einen deutlich größeren Popularitätsverlust zu verzeichnen als zwischen 1330 und 1700, weshalb die Unterteilung in zwei Entwicklungsphasen sinnvoll scheint (vgl. Abbildung 5). Zu einem hierzu passenden Ergebnis kommt auch Burdy (2013: 217), der beobachtet, dass der Höhepunkt der Produktivität des Suffixes im 13. Jahrhundert liegt und dass diese einen sehr starken Rückgang im 17. und 18. Jahrhundert aufweist. Den Grund für letztere Entwicklung schreibt er dem französischen Sprachpurismus dieser Zeit zu, in dessen Rahmen „Malherbe […] damit [beginnt], ‘alle veralteten oder alternden Lexeme‘ [Stefenelli 1981: 207f., zit. nach Burdy (ebd. 223), Anm. L.W.] aus dem bon usage auszuschließen“ (ebd.). Dies geschieht laut Burdy (ebd.) „vielfach zu Ungunsten von –aison“. Somit sieht er in diesem Zeitraum „der Produktivität von –aison […] weitestgehend ein Ende“ (ebd. 217) gesetzt, was im 19. und 20. Jahrhundert allerdings wieder etwas relativiert wird[13]. Auch die Ergebnisse meiner Analyse ergeben, dass absolut gesehen eine nicht zu vernachlässigende Anzahl an Derivaten[14] in den Teilkorpora des 20. und 21. Jahrhunderts existiert. Andere Romanisten hingegen sind der Meinung, das Suffix –aison sei gegenwärtig überhaupt nicht mehr lebendig. Lüdtke (1978: 154) merkt zwar an, dass bei gewissen Autoren noch Neubildungen vorkommen, die jedoch keinen Einzug in die Allgemeinsprache erhalten. Haensch/Lallemand-Rietkötter (1972: 29) und Paulikat (2017: 71) aber halten –aison sogar für komplett durch das gelehrte Suffix –tion ersetzt. Dies ist zwar zu einem gewissen Grad tatsächlich zu beobachten, dennoch kann ich diese sehr pauschale Ansicht im Hinblick auf meine Untersuchungsergebnisse nicht teilen, sodass ich es für besser halte, wie Dubois (1962: 31) von einer „disponibilité […] réduite“ des Suffixes –aison zu sprechen, was auch aus Burdys (2013: 218) Sicht eine gute Lösung ist.

Auch der Verlauf der Produktivität von –tion kann in die beiden oben genannten Phasen vor und nach 1600 unterteilt werden, wobei sich die Anzahlen in diesem Fall nicht wie bei –aison in beiden Zeitabschnitten in dieselbe Richtung entwickeln (vgl. Abbildung 8). Vielmehr werden Bildungen auf –tion zwischen dem 12. und 16. Jahrhundert immer zahlreicher und gelangen schließlich in letzterem an ihren Höhepunkt.

Diesen Verlauf der Produktivitätskurve bestätigen auch Uths (2011: 267) Ergebnisse, die sogar einen noch größeren Unterschied zwischen der Anzahl an Types im 12. bis 14. Jahrhundert und jenen im 16. Jahrhundert aufweisen[15]. Die Tatsache, dass diese Art von Derivaten im Altfranzösischen kaum zu verzeichnen ist, ist ihr zufolge jedoch nicht verwunderlich. Denn –tion sei „ein latinisiertes Morphem […], das erst nach Vollziehung der zum Altfranzösischen führenden Lautwandlungen des Latein in die französische Sprache gelangt sein kann“ (ebd. 263) und somit erst später produktiv werde[16]. Auch Burdy (2013: 221) zufolge ist das Suffix im Altfranzösischen noch nicht produktiv. Er geht allerdings davon aus, dass es bereits ab dem 14. Jahrhundert „insofern produktiv [wird], als immer mehr gelehrte Verben Bildungen auf –ation neben sich haben“ (ebd.). Jedoch weist er darauf hin, dass in dieser Zeit noch alle Nomina auf –tion eine lateinische Entsprechung haben. Auf diese Tatsache macht auch Uth (2011: 263) aufmerksam und stellt auf der Basis ihrer Untersuchungsergebnisse eine Hypothese auf, die noch einen Schritt weiter geht:

[Es] liegt […] die Vermutung nahe, dass sich die französische ‘-tion-Nominalisierung‘ erst im 19./20. Jahrhundert in Form von –ation als französisches Nominalisierungssuffix etablierte, während es sich bei den älteren –(at)ion-Formen hauptsächlich um aus dem Latein entlehnte Derivate handelt. (ebd. 267)

Dieser Annahme zufolge wären bis ins 18. Jahrhundert fast alle Bildungen auf –tion Lehnwörter aus dem Latein. Um die Aussage abzulehnen, müsste sie zunächst genauer, nach Möglichkeit quantitativ, überprüft werden, was an dieser Stelle allerdings nicht geschehen kann. Dennoch ist bereits anhand meiner Untersuchungsergebnisse festzustellen, dass die Hypothese nicht ohne weiteres angenommen werden kann. Denn in Frantext finden sich u.a. die Ableitungen arrestation, autorisation, cristallisation, généralisation, mobilisation, oxygénation und validation, die davon zeugen, dass das Suffix schon deutlich vor 1800 insofern etabliert und produktiv war, als es neue Ableitungen ohne lateinische Entsprechung hervorgebracht hat.[17] Deshalb wird weiterhin davon ausgegangen, dass der Höhepunkt der Produktivität des Suffixes –tion im 16. Jahrhundert liegt.

Ebenso wie für –aison ist auch für –tion im 17. Jahrhundert ein deutlicher Produktivitätsverlust zu verzeichnen, sodass die Anzahl der Types an dieser Stelle bei beiden Suffixen auf weniger als ein Drittel im Vergleich zum vorherigen Zeitraum sinkt. In den drei folgenden Korpora von 1701 bis heute verläuft die Produktivitätskurve von –tion nun auch weiter abwärts, jedoch bei weitem nicht mehr so schnell wie im Übergang vom 16. zum 17. Jahrhundert.

In diesem Zeitraum stimmen Uths (2011: 267) Ergebnisse allerdings nicht mit meinen überein. Zwar ist auch ihr zufolge im Übergang vom 16. zum 17. Jahrhundert ein Einbruch der Produktivität des Suffixes zu verzeichnen. In den darauffolgenden Teilkorpora stellt sie jedoch wieder eine kontinuierliche Zunahme der Ableitungen auf –tion fest, die im 19. und 20. Jahrhundert sogar deutlich über die Werte des 16. Jahrhunderts hinausgehen. Ein denkbarer Grund für die große Abweichung von meinen Ergebnissen wäre, dass Uth eine andere Auswahl an Texten getroffen haben könnte[18] oder dass sich Uths Ergebnisse auf die absolute und nicht die relative Anzahl an Types beziehen könnten, was in ihrer Darstellung aber nicht ersichtlich ist. In letzterem Fall wäre einen Vergleich mit meinen relativen Zahlen allerdings hinfällig.

Die Tatsache, dass die Anzahl an Types meinen Auswertungen nach im Verhältnis zur Korpusgröße stetig abnimmt, bedeutet jedoch nicht, dass das Suffix –tion in neuerer Zeit nicht als produktiv gelten darf. Betrachtet man die absoluten Anzahlen, so stößt man auf 1344 vorhandene Derivate im 19. Jahrhundert und auf 2252 in den Texten von 1901 bis heute, welche eine nicht zu vernachlässigende Menge darstellen. Lüdtke (1978: 122f.) spricht sogar von einer progressiven Produktivität des Suffixes, da ihm zufolge mehr neue Bildungen hinzukommen als bestehende aus dem Sprachgebrauch verschwinden.

 

Produktivitätsverlauf anhand der Tokens auf –aison und –tion

Ein gänzlich anderer Verlauf ergibt sich bei der diachronen Beobachtung der Anzahl der Tokens, der bei dem Suffix –aison eine fast durchgehend entgegengesetzte Richtung wie bei      –tion aufweist (vgl. Abbildung 4, 7). Der Gebrauch von Derivaten auf –aison schwankt zwar im Zeitraum von 1100 bis 1600 zunächst um einen Mittelwert von knapp 2300 pro 10 Millionen Wörtern, fällt anschließend jedoch leicht ab und steigt auch in der Zeit ab dem 20. Jahrhundert nur sehr wenig an, sodass insgesamt eine rückläufige Tendenz der Tokens zu beobachten ist.

Der Einsatz der Ableitungen auf –tion hingegen ist im Korpus des Altfranzösischen verhältnismäßig gering, verstärkt sich im nächsten bereits sichtbar und verläuft auch in den weiteren Zeitabschnitten stetig nach oben. Die einzige Ausnahme stellt hierbei das 19. Jahrhundert dar, in dem die Anzahl an Tokens stagniert. Dieser Verlauf zeigt, dass der Gebrauch von Nomina auf –tion immer beliebter wird, während der der Ableitungen auf –aison langsam zurückzugehen scheint. Einen möglichen Grund dafür, dass Derivate auf –tion im Altfranzösischen so selten auftreten und erst in späteren Jahrhunderten immer zahlreicher zu finden sind, nennt Uth (2011: 265f.). Ihren Annahmen zufolge könnten in der Volkssprache des 12. bis 14. Jahrhunderts andere Nominalsuffixe, z.B. –ment, „als Ersatz für das hochsprachliche -(at)ion gedient haben“ (ebd. 266). Somit wäre „das mutmaßlich hochsprachliche –(at)io gar nicht, d.h. auch nicht in der lautgesetzlichen Weiterentwicklung als –(ai)son, in die altfranzösische Sprache eingegliedert“ (ebd. 267f.) gewesen. Vielmehr seien Ableitungen auf –tion erst im 15. bzw. 16. Jahrhundert „im Zuge der Relatinisierung“ (ebd. 267) gebräuchlich geworden.

 

Verlauf des Verhältnisses von Tokens zu Types pro Suffix

Außerdem ist in diesem Zusammenhang auch die Entwicklung des Verhältnisses von Tokens zu Types von Interesse, das zeigt, wie häufig die Derivate im Verhältnis zur Anzahl verschiedener Bildungen vorkommen. Dies kann als Maß dafür interpretiert werden, wie stark die Ableitungen im Durchschnitt in den einzelnen Zeiträumen im Sprachgebrauch integriert sind[19]. Hier ist bei beiden Suffixen zu sehen, dass das Verhältnis von Tokens zu Types im Lauf der Zeit immer größer wird (vgl. Abbildung 13a, 13b). Die Kurve der Derivate auf –tion verläuft mit einem Verhältnis von knapp 8 Tokens pro Type im ältesten und fast 434 im neuesten Teilkorpus noch steiler als die der Ableitungen auf –aison, bei denen das Verhältnis von anfangs gut 13 auf letztendlich rund 257 steigt.

 

Produktivitätsverlauf anhand der Neubildungen auf –aison und –tion

Schließlich soll noch die Entwicklung der Anzahl an Neubildungen gegenübergestellt werden. Obwohl die Mengen an neuen Ableitungen, wie bereits erwähnt, deutlich voneinander abweichen, ist der Verlauf der Produktivität in der Diachronie für beide Suffixe annähernd derselbe (vgl. Abbildung 6, 9). Die meisten Neubildungen entstehen im Übergang vom Altfranzösischen zum Mittelfranzösischen, d.h. im Korpus der Werke von 1330 bis 1500. Die Werte sinken im darauffolgenden Zeitabschnitt jeweils um gut 40% und im 17. Jahrhundert erleben beide Suffixe, wie auch die Analyse der bestehenden Types gezeigt hat, einen Einbruch ihrer Produktivität. So beträgt die Anzahl neuer Derivate nicht einmal mehr 30% der im Jahrhundert zuvor beobachteten. Auch im nächsten Abschnitt sinkt die Produktivität nochmals und hat im Fall von –aison hier ihren Tiefpunkt erreicht, im Fall von –tion im darauffolgenden Abschnitt, im 19. Jahrhundert.

Im weiteren Verlauf ist tatsächlich der leichte Aufschwung zu beobachten, den auch Burdys (2013: 217) bereits genannte Auswertungen für ersteres Suffix zeigen, sodass ich ihm bezüglich der Entwicklung der Neubildungen zustimmen kann. Ein solcher kleiner Anstieg der Menge an Neubildungen ist ebenso für –tion zu verzeichnen, wobei die Anzahlen in den genormten Teilkorpora bei beiden Suffixen weit unter der jeweiligen des 17. Jahrhunderts bleiben. Daraus folgt, dass die Kurve der Neubildungen mittels beider Regeln trotz des Aufschwungs in neuerer Zeit insgesamt sinkend verläuft. Dennoch kann diese Tendenz zusammen mit der Betrachtung der absoluten Anzahlen an Neubildungen (vgl. Abbildung 3) als Zeichen dafür gesehen werden, dass es sich bei dem Suffix –tion und dessen Varianten um ein heute noch produktives Nominalsuffix handelt und dass auch die Bildung von Nomina auf –aison ihre Produktivität bis heute nicht komplett verloren hat.

 

Fazit der Untersuchung und Ausblick

Die diachrone Untersuchung der Nominalsuffixe –aison und –tion anhand des Korpus Frantext hat deutlich gemacht, dass die Ableitung von Nomina auf –tion zu jeder Zeit zwischen dem 12. und 21. Jahrhundert weitaus produktiver ist als die Derivation mittels –aison. Dies zeigt sowohl die Menge an existierenden Types als auch die Betrachtung der Anzahl an Neubildungen in allen untersuchten Zeiträumen. Der Anteil, um den die Zahl der Nomina auf –tion die derjenigen auf –aison übersteigt, nimmt von Beginn der Beobachtungen bis zum 18. Jahrhundert zu, sodass von da an mehr als 30-mal so viele Bildungen auf –tion bestehen.

Außerdem ist festzustellen, dass das Suffix –aison den Höhepunkt seiner Produktivität bereits im Altfranzösischen erlangt und daraufhin an Bedeutung verliert, während –tion im 16. Jahrhundert am produktivsten zu sein scheint. Ein Grund hierfür kann im Relatinisierungstrend dieser Zeit liegen, der das gelehrte Suffix populär werden lässt (vgl. Uth 2011: 267). Im darauffolgenden Teilkorpus ist bei beiden Suffixen ein deutlicher Einbruch der Produktivität zu verzeichnen, wofür u.a. der Sprachpurismus der Zeit verantwortlich gemacht wird, in dessen Zuge viele Wörter, die nicht für unbedingt nötig angesehen wurden, aus dem Sprachgebrauch verbannt worden sind (vgl. Burdy 2013: 223). Der Frage, ob dieses Phänomen genau die Menge der Nomina auf –aison und –tion beeinflusst hat, kann an dieser Stelle zwar nicht näher nachgegangen werden, dennoch ist nicht auszuschließen, dass diese Hypothese einen möglichen Grund für die Entwicklung darstellt. In den anschließenden Jahrhunderten nimmt die Produktivität beider Suffixe zunächst weiterhin ab, in neuerer Zeit ist jedoch nochmals ein leichter Aufschwung zu beobachten. So werden nach wie vor neue Nomina mittels beider Suffixe abgeleitet, wobei die Derivation anhand des gelehrten –tion den Neubildungen auf –aison, wie bereits erwähnt, zahlenmäßig weit überlegen ist.

Schließlich soll noch ein Ausblick auf die Ergebnisse einer qualitativen Analyse der semantischen Bereiche, in denen die Suffixe produktiv sind, gegeben werden, denn eine solche semantische Betrachtung liefert einige Gründe für die erläuterte Entwicklung der Produktivität.

Zunächst fällt auf, dass das Suffix –tion über den gesamten betrachteten Zeitraum hinweg neue Bildungen in der Allgemeinsprache hervorbringt und zur Erweiterung des alltäglichen Wortschatzes dient, während dies für –aison nur bis ins 16. Jahrhundert gilt. In der folgenden Zeit sind Wortbildungen mit letzterem fast ausschließlich noch in bestimmten semantischen Bereichen und Fachsprachen, vor allem in Natur und Landwirtschaft, vorzufinden. Auch das Suffix –tion ist neben dem Themenfeld des gesellschaftlichen Alltags in mehreren Fachsprachen produktiv. Besonders viele Neubildungen sind hierbei in neueren Teilkorpora in Naturwissenschaft und Technik zu verzeichnen. Da diese sehr zukunftsträchtige Bereiche darstellen und sich auch der Wortschatz der Allgemeinsprache sicherlich immer wieder erweitern wird, wird das Suffix –tion voraussichtlich auch in nächster Zeit weiterhin produktiv sein. Für –aison sieht es hingegen derzeit nicht danach aus, es sei denn, es erschließe nochmals neue semantische Bereiche außerhalb der Landwirtschaft.

Ergänzend dazu können die Ergebnisse der qualitativen Analyse außerdem als Erklärung dafür dienen, dass Nomina auf –tion im Sprachgebrauch immer gehäufter auftreten, wohingegen die Menge der Tokens auf –aison im Korpus abnimmt. Denn es ist davon auszugehen, dass die Anzahl an Sprechern, die sich u.a. alltäglicher, politischer und technischer Begriffe bedienen, im Lauf der Zeit kontinuierlich zunimmt, während Sprecher von traditioneller landwirtschaftlicher Fachsprache wohl immer weniger zahlreich vertreten sein werden.

Nach der Beschäftigung mit den Nominalsuffixen –aison und –tion bleibt schließlich noch die Frage, warum diese bis heute nebeneinander existieren und nicht eines das andere mit der Zeit abgelöst bzw. vollständig verdrängt hat. Auch an dieser Stelle muss u.a. nochmals ein Blick auf die semantischen Bereiche, in denen –aison und –tion produktiv sind, geworfen werden. Seit mittels des ersteren keine Neubildungen mehr in der Allgemeinsprache entstehen, überschneidet sich der Gebrauch der Suffixe kaum noch, sodass sie in dieser Hinsicht in keiner Konkurrenz zu einander stehen. Es ist somit zwar festzustellen, dass –aison im Lauf der Jahrhunderte aus dem alltäglichen Wortschatz in das kleine, sehr spezielle Themenfeld der Landwirtschaft zurückgedrängt worden ist. Aber seit es sich in diesem etabliert hat, besteht bis heute keine Gefahr mehr, dass es durch –tion überdeckt wird. Denn dieses hat sich in anderen Bereichen wie Gesellschaft, Politik, Naturwissenschaft und Technik eingefunden, sodass wohl weiterhin Wortbildungen beider Arten bestehen bleiben werden.

Abschließend ist nochmals darauf hinzuweisen, dass die Aussagekraft aller Ergebnisse meiner korpuslinguistischen Untersuchung auf den Bereich der französischen Distanzsprache und der fingierten Mündlichkeit einzuschränken sind, da sie ausschließlich auf der Auswertung des literarischen Korpus Frantext beruhen.

 

Bibliographie

Lexikographische und etymologische Nachschlagewerke

 

CNRTL = Pierrel, Jean-Marie (2012): Centre National de Ressources Textuelles et Lexicales: Portail lexical. <http://www.cnrtl.fr/portail/> [Zugriff am 12.02.2019]

DALF = Blum, Claude (2008): Frédéric Godefroy, Diccionnaire de l’Ancienne Langue Française et de tous ses Dialectes du IXe au XVe Siècle. <https://www-classiques-garnier-com.emedien.ub.uni-muenchen.de/numerique-bases/godefroy> [Zugriff am 12.02.2019]

DEAF = Städtler, Thomas (2015): Diccionnaire Étymologique de l’Ancien Français. <http://deaf-server.adw.uni-heidelberg.de/> [Zugriff am 12.02.2019] 

DLF = Blum, Claude (2008): Edmond Huguet, Dictionnaire de la Langue Française du 16e Siècle. <https://www-classiques-garnier-com.emedien.ub.uni-muenchen.de/numerique-bases/ huguet> [Zugriff am 12.02.2019]

DMF = o.N. (2016): Diccionnaire du Moyen Français, version 2015 (DMF 2015), ATILF – CNRS & Université de Lorraine. <http://www.atilf.fr/dmf/> [Zugriff am 12.02.2019]

Frantext = o.N. (2016): Base textuelle FRANTEXT, ATILF – CNRS & Université de Lorraine. <http://www.frantext.fr.emedien.ub.uni-muenchen.de/> [Zugriff am 12.02.2019]

Grand Robert = Bimbenet, Charles (2016): Le Grand Robert de la Langue Française. <http://gr.bvdep.com.emedien.ub.uni-muenchen.de/robert.asp> [Zugriff am 12.02.2019]

Körting, Gustav (1908): Etymologisches Wörterbuch der französischen Sprache. Paderborn: Schöningh.

Machat, Johann Baptist (1818): Etymologisches Wörterbuch der französischen Sprache, oder Verzeichniß der französischen Stammwörter mit ihren Ableitungen. Wien: Wallishausser.

Scheler, Auguste (1865): Kurzgefasstes etymologisches Wörterbuch der französischen Sprache: Auszug aus d. Verf. ‘Dictionnaire d’Etymologie française‘. Brüssel: Schnée.

 

Sprachwissenschaftliche Werke

Burdy, Philipp (2013): Die mittels –aison und Varianten gebildeten Nomina des Französischen: Eine Studie zur diachronen Wortbildung. Frankfurt am Main: Klostermann.

Dubois, Jean (1962): Étude sur la Dérivation Suffixale en Français moderne et contemporain: essai d’interprétation des mouvements observés dans le domaine de la morphologie des mots construits. Paris: Larousse.

Haensch, Günther/ Lallemand-Rietkötter Annette (1972): Wortbildungslehre des modernen Französisch. München: Hueber.

Lüdtke, Jens (1978): Prädikative Nominalisierungen mit Suffixen im Französischen, Katalanischen und Spanischen. Tübingen: Niemeyer.

Paulikat, Frank (2017): Wortbildung des heutigen Französisch. Berlin: De Gruyter.

Uth, Melanie (2011): Französische Ereignisnominalisierungen: Abstrakte Bedeutung und regelhafte Wortbildung. Berlin: De Gruyter.

 

Abbildungen

Abbildung 1: Aufteilung und Umfang der sieben Arbeitskorpora in Frantext

Arbeitskorpus Nr.

Zeitraum

Anzahl Texte

Anzahl Wörter

1

Vor 1330 (Altfranzösisch)

80

2 2815 334

2

1330-1500 (Mittelfranzösisch)

276

8 133 870

3

1501-1600 (Renaissance)

181

6 720 139

4

1601-1700

607

20 344 331

5

1701-1800

589

30 355 195

6

1801-1900

1101

62 105 025

7

1901-2013

2287

113 273 848

  

Abbildung 2: Relative Anzahl an Types, Tokens und Neubildungen auf –aison und –tion vom 12. bis zum 21. Jahrhundert (Vorkommen pro 10 Millionen Wörtern)

Teilkorpus

Types

Tokens

Neubildungen

 

aison

tion

aison

tion

aison

tion

Vor 1330

174

973

2334

7349

1330-1500

74

1121

2174

35348

38

833

16. Jh.

54

1318

2292

39269

22

499

17. Jh.

16

435

2085

47576

6

140

18. Jh.

10

318

1847

63005

2 (1,98)

97

19. Jh.

7

216

1563

64404

2 (2,09)

81

20.-21. Jh.

6

199

1612

86234

2 (2,47)

98

 

Abbildung 3: Absolute Anzahl an Types, Tokens und Neubildungen auf –aison und –tion vom 12. bis zum 21. Jahrhundert

Teilkorpus

Types

Tokens

Neubildungen

 

aison

tion

aison

tion

aison

tion

Vor 1330

49

274

657

2069

1330-1500

60

912

1768

28752

31

678

16. Jh.

36

886

1540

26389

15

335

17. Jh.

33

886

4241

96790

13

284

18. Jh.

29

965

5608

191254

6

293

19. Jh.

43

1344

9709

399981

13

503

20.-21. Jh.

71

2252

18264

976805

28

1106

 

Abbildung 4: Entwicklung der Anzahl an Tokens auf –aison (bei genormter Korpusgröße von 10 Millionen Wörtern)

Abbildung 5: Entwicklung der Anzahl an Types auf –aison (bei genormter Korpusgröße von 10 Millionen Wörtern)

Abbildung 6: Entwicklung der Anzahl an Neubildungen auf –aison (bei genormter Korpusgröße von 10 Millionen Wörtern)

 

Abbildung 7: Entwicklung der Anzahl an Tokens auf –tion (bei genormter Korpusgröße von 10 Millionen Wörtern)

Abbildung 8: Entwicklung der Anzahl an Types auf –tion (bei genormter Korpusgröße von 10 Millionen Wörtern)

 

Abbildung 9: Entwicklung der Anzahl an Neubildungen auf –tion (bei genormter Korpusgröße von 10 Millionen Wörtern)

 

Abbildung 10: Entwicklung der Anzahl an Types auf –aison und –tion im Vergleich (bei genormter Korpusgröße von 10 Millionen Wörtern)

Abbildung 11: Entwicklung der Anzahl an Tokens auf –aison und –tion im Vergleich (bei genormter Korpusgröße von 10 Millionen Wörtern)

Abbildung 12: Entwicklung der Anzahl an Neubildungen auf –aison und –tion im Vergleich (bei genormter Korpusgröße von 10 Millionen Wörtern)

 

Abbildung 13a: Verhältnis von Tokens zu Types auf –aison und –tion vom 12. bis zum 21. Jahrhundert

Teilkorpus

Tokens/ Types

 

aison

tion

Vor 1330

13

8

1330-1500

29

32

16. Jh.

45

30

17. Jh.

129

109

18. Jh.

193

198

19. Jh.

226

298

20.-21. Jh.

257

434

  

Abbildung 13b: Entwicklung des Verhältnisses von Tokens zu Types auf –aison und –tion

 

[1] Vgl. Frantext. Die Informationen über das Korpus sind im gesamten Kapitel 4.1 den Angaben der Website entnommen.

[2] Jedoch ist nur ein Text aus dem Jahr 950 unter ihnen, während die zweitältesten Dokumente des Korpus um 1100 entstanden sind. Da anhand einer einzigen Referenz keine statistischen Aussagen getroffen werden können, halte ich es für sinnvoll, die Ergebnisse einer diachronen Analyse in Frantext erst ab dem 12. Jahrhundert zu interpretieren.

[3] Zum Vergleich der Menge an Texten in verschiedenen Zeitabschnitten siehe Abbildung 1, in welcher das Korpus Frantext in sieben chronologisch geordnete Teilkorpora unterteilt ist.

[4] Allerdings ist zu berücksichtigen, dass ab dem 17. bzw. 18. Jahrhundert auch immer häufiger nähesprachliche Äußerungen in schriftlichen Texten, wie Romanen oder Komödien, vorkommen. Da hierbei aber meist fingierte Mündlichkeit vorliegt, gilt die folgende Einschränkung insgesamt dennoch.

[5] Wie bereits erwähnt kann das Korpus des Altfranzösischen erst ab dem Jahr 1100 sinnvoll interpretiert werden, da nur ein einziger noch älterer Text existiert. Es sei dennoch angemerkt, dass dieses älteste Dokument weder Derivate auf –aison noch auf –tion enthält (vgl. Frantext).

[6] Bei der Unterteilung des Korpus Frantext wurde darauf geachtet, dass die Teile ähnlich große Zeiträume umfassen. Dies ist der Grund dafür, dass das 21. Jahrhundert kein extra Arbeitskorpus darstellt, auch wenn sich der Sprachgebrauch zwischen 1901 und 2013 mit Sicherheit nochmals gewandelt hat. Hierfür wäre somit eine gesonderte Untersuchung erforderlich, wie sie z.B. bei Dubois (1962) für die Jahre 1906 bis 1961 zu finden ist.

[7] Außer französischen Derivaten lassen sich fünf weitere Gruppen von Wörtern finden: Erbwörter, präfigierte Derivate, formelle Fehler des Korpus, Wörter anderer oder unklarer Herkunft und Eigennamen, die auf –aison, –tion bzw. eine Variante dieser enden.

[8] Im Rahmen dieser Arbeit wird häufig von produktiven Suffixen anstatt produktiver Wortbildungsregeln gesprochen. Denn die analysierte Regel lautet für beide Suffixe ‘Adjungieren von Suffix x an eine Basis vom Typ y‘, wobei x jeweils für eine Variante von –aison oder –tion steht und y für eine verbale, nominale oder adjektivische Basis. Außerdem sind bei der Auswertung der Ergebnisse stets –aison bzw. –tion und deren Varianten gemeint, auch wenn häufig nur das Basisallomorph genannt wird.

[9] Die Zahlen werden zur besseren Übersicht nicht in Prozent, sondern in Types/ Tokens/ Neubildungen pro 10 Millionen Wörtern angegeben.

[10] Die Neubildungen werden im Folgenden ab dem zweiten Teilkorpus, d.h. ab 1330, analysiert. Denn für das Korpus der Werke vor 1330 existiert in Frantext kein älteres Vergleichskorpus und es ist nicht ohne weiteres davon auszugehen, dass alle ab 1100 vorhandenen Bildungen auch erst ab 1100 entstanden sind.

[11] Vgl. hierzu Abbildung 5 und 8. Bei dieser Art des Vergleichs ist die unterschiedliche Beschriftung der vertikalen Achse zu berücksichtigen, da die Kurve von –aison durchwegs auf einem weitaus niedrigeren Niveau verläuft als die des Suffixes –tion. Dies gilt ebenso für den Vergleich der Entwicklung der Tokens und der Neubildungen.

[12] Diese Unterteilung nimmt auch Burdy (2013) im gesamten Verlauf seiner Arbeit vor. Er veranschaulicht seine Auswertungen stets in zwei gesonderten Tabellen für die beiden Zeiträume (vgl. z.B. ebd. 153).

[13] Aus Sicht der Produktivität als Anzahl gebräuchlicher Bildungen, kann ich diese Schwankung zunächst nicht bestätigen, da sich ihr Rückgang in meinen Auswertungen wie bereits erwähnt als kontinuierlich erwiesen hat. Burdys (2013: 217) Aussage bezieht sich jedoch auf die Anzahl an Neubildungen und nicht an existierenden Bildungen, sodass ich sie bei meiner Auswertung der Neubildungen noch einmal berücksichtigen werde.

[14] Die absoluten Anzahlen an Derivaten finden sich zum Vergleich in Abbildung 3.

[15] Sie wertet in ihrer Untersuchung des 12. bis 14. Jahrhunderts Werke des Nouveau Corpus d’Amsterdam (NCA) aus und zieht zur Analyse des 16. bis 20. Jahrhunderts fünf Teilkorpora des Korpus Frantext heran.

[16] Uth lässt das 15. Jahrhundert scheinbar unberücksichtigt. Da die Phase der Relatinisierung, wie bereits erwähnt, bereits in diesem eingesetzt hat, kann vermutet werden, dass ihre Untersuchung in Übereinstimmung mit meinen Ergebnissen aus den Jahren 1330 bis 1500 ebenfalls einen Anstieg der Anzahl an Types im Vergleich zum Altfranzösischen ergeben würde.

[17] Zu den jeweiligen etymologischen Angaben vgl. CNRTL und Grand Robert.

[18] Das aktuelle Korpus Frantext, auf dem meine Ergebnisse basieren, besteht nach eigenen Angaben zu rund 90% aus literarischen oder philosophischen und zu nur 10% aus wissenschaftlichen Werken, wohingegen in Uths Version des Korpus ein Verhältnis von 80% zu 20% vorliegt (vgl. Uth 2011: 318).

[19] Da, wie bereits erwähnt, nur Tokens im Singular in der Analyse berücksichtigt worden sind, beruht auch diese Interpretation auf der Annahme, dass der Anteil an Derivaten im Plural bei –aison und –tion ähnlich ist. Für exakte Aussagen müsste dies zunächst noch überprüft werden, worauf an dieser Stelle jedoch verzichtet worden ist, da die Darstellung nur eine weitere Information über den Gebrauch der Ableitungen geben soll und nicht zur Beantwortung der Hauptfrage nach Produktivität der Suffixe dient.