Schriftträger und der Aspekt der Archivierung
Schriftträger durchlebten eine Reihe von Entwicklungsphasen, von der Höhlenmalerei bis hin zur modernen Cloud-Datei. Anhand einer Klassifikation (Taxonomie der Schriftträger) wird das Problem der (Langzeit-)Archivierung erörtert.
von Tassilo Schweiger, 5. Semester Bachelor Buchwissenschaft | 11. Februar 2019
Konferenz: „Digitales Zeitalter, digitale Kommunikation, Digital Humanities“ (LMU-München)
Eine historische Untersuchung der Schriftträger von der antiken Höhlenmalerei bis hin zur modernsten digitalen Cloud-Datei liefert eine Vielzahl von unterschiedlichen Formen, die mehr oder weniger direkt nach dem Medien-Modell von Harry Pross klassifiziert werden können. Die Schriftmedien (Medien mit skriptographischen oder typographischen Inhalten nach dem Modell von Umlauf aus dem Jahr 2006) der modernen Zeit liefern jedoch eine riesige Varianz an technologischen Neuerungen, die eine Untersuchung und Hinterfragung des Modells von Pross an sich notwendig werden lassen. Kann das Medienmodell aus dem Jahre 1972 die neuen technologischen Errungenschaften überhaupt hinreichend abdecken oder bedarf es einer Überarbeitung oder Erweiterung (jenseits der bereits stattgefundenen Erweiterung von Manfred Faßler aus dem Jahre 1997)? Es wird nach einem Ansatz gesucht, das Modell unter Berücksichtigung der neuen Technologien und Formate zu überarbeiten und eine allgemeingültige neue Klassifikation für alle Schriftträger, einschließlich der der neuesten Technologien, einzuführen. Diese Taxonomie wird in dem Vortrag präsentiert.
Anhand dieser erstellten Taxonomie der Schriftträger wird ersichtlich, dass die moderne schriftliche Kommunikation immer indirekter wird. Es bedarf heutzutage gewisser Zwischenstufen (etwa En-/Decoder[1] oder Übertragungsprotokolle), die die direkte Form der Kommunikation unmöglich machen. Was hat das auf den Aspekt der Haltbarkeit für einen Einfluss? Wie wirkt sich diese Beobachtung auf die Archivierbarkeit[2] der modernen Kommunikation aus? Im Zuge dessen erscheint ein bis dato ungelöstes Problem: wie kann eine Vielzahl von Schriften möglichst lange konserviert werden? Mit Betracht der alten Schriftträger lässt sich feststellen, dass eine nicht geringe Anzahl von Schriften und Schriftfragmente Jahrhunderte, einige sogar Jahrtausende, überlebt hat. Lässt sich anhand des erstellten Modells eine Regel über die Haltbarkeit bzw. Archivierbarkeit ableiten? Liefert die Schnelllebigkeit der Medien heutzutage eine Möglichkeit, Daten überhaupt über längere Zeiträume zu archivieren? Können moderne Technologien Ansätze bieten, eine derart lange Archivierung zu bewerkstelligen? Wie muss ein Schreibstoff, ein Medium sein, um eine möglichst lange Archivierung zu gewährleisten? – Diese Fragestellungen gilt es zu beantworten.
[1] Gemeint sind nicht die sprachwissenschaftlichen Formen des semantischen De-/ bzw. Encodens, sondern technische Geräte, ohne die ein Lesen der Nachricht nicht möglich ist.
[2] Gemeint ist hier die Langzeit-Archivierung oder Lagerung, und nicht die Archivierung im Sinne von Bereitstellung.